Abschied von Ruth Wolf-Rehfeldt (1932–2024)

 

„Tippe Deine eigene Kunst“ heißt der Leitspruch, den Ruth Wolf-Rehfeldt an das Ende ihres programmatischen Textes „Signs Fiction“ (um 1972) setzte. Von da an war die Schreibmaschine das künstlerische Instrument ihrer Wahl. Die Anordnung der Buchstaben und Wörter in Reih und Glied, die regelmäßige Struktur ihrer Wiederholungen, aber auch das Durchbrechen des Rasters und die Variation charakterisieren das Werk der DDR-Künstlerin.

 

1932 unweit von Leipzig geboren, absolvierte Wolf-Rehfeldt eine kaufmännische Ausbildung. Erst Ende der 1950er Jahre fand sie in Berlin zur Kunst und begann als Autodidaktin zu zeichnen, zu malen und zu dichten. Ihre ersten Schreibmaschinengrafiken schuf sie mit 40. In den von ihr so genannten „Typewritings“ verbindet sich die Bedeutung der getippten Wörter mit ihrem Arrangement auf dem Papier zu spielerischen Sprach-Bildern. In späteren Arbeiten verlagerte sich das Gewicht auf die visuelle Seite des Zeichenmaterials, aus dem sie abstrakte Muster sowie dreidimensional wirkende Gestaltungen entwickelte. Einen weiteren Eckpfeiler ihres Werks bildete die Mail Art, zu deren zentralen Figuren sie und ihr Mann Robert Rehfeldt (1931–1993) in der DDR gehörten. Die versendeten Postkarten dienten als Vehikel, um Grenzen zu überschreiten und mit Menschen in aller Welt Kontakt aufzunehmen. Sie können als Manifestation bewahrter Freiheit in der Diktatur betrachtet werden.

 

Der Fall der Berliner Mauer setzte eine Zäsur auch im Schaffen von Wolf-Rehfeldt. 1990 schloss sie mit ihrer künstlerischen Tätigkeit ab. Es wurde still um sie. Erst in ihrem neunten Lebensjahrzehnt entdeckte die Kunstwelt Wolf-Rehfeldt wieder. Die Weserburg in Bremen widmete ihr 2012 eine Einzelausstellung. Auf der documenta 14 (2017) war sie mit rund 80 Arbeiten im Gebäude der Kasseler Neuen Hauptpost (der damaligen „Neuen Neuen Galerie“) vertreten. Es folgten Auszeichnungen, darunter der Hannah-Höch-Preis des Landes Berlin (2022).

 

Am 26. Februar 2024 starb Ruth Wolf-Rehfeldt im Alter von 92 Jahren. Als „wichtiges Beispiel dafür, wie divers und umfassend sich die Kunstentwicklung in der DDR gestaltete“, führt Alexia Pooth Wolf-Rehfeldt in ihrem Buch „Exhibition Politics. Die documenta und die DDR“ an, das jüngst in der Schriftenreihe des documenta archivs erschienen ist.